16. November 2021 | Gemeindeleben Leitung

Berufen zu Leiten

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Liebe Gemeinde, liebe Freunde und Gäste,

im März planen wir turnusgemäß das Gemeindeleitungsteam (teilweise) neu aufzustellen. Dazu beginnt im Januar ein sogenannter Berufungsprozess, der von einem vierköpfigen Berufungsausschuss gesteuert wird. Dieser Ausschuss ist paritätisch aus zwei Gemeindemitgliedern und zwei Leuten aus der Gemeindeleitung besetzt. Ganz bewusst geht es bei uns in der FeG Mühlacker nicht um Wahlen und einen Wahlausschuss. Das mag den einen oder anderen irritieren. Warum könnten nicht in einer basisdemokratischen Vorschlagswahl die entsprechenden Vertreter direkt gewählt werden? So ist es gerade in der Parteienlandschaft angesagt oder teilweise auch in einigen anderen Freikirchen üblich.

Zu unserer Gemeinde gehören Mitglieder und Freunde mit ganz unterschiedlichen Prägungen auch hinsichtlich des Leitungsverständnisses. Daher ist es hilfreich, unsere Überzeugung etwas genauer zu erklären.

Unser Leitungsverständnis als FeG Mühlacker bewegt sich in einem Rahmen mit folgenden Eckpunkten:

  1. Die Einsetzung (Berufung) der Leitung durch Gott (1. Kor 12,28a „Gott hat eingesetzt …“) – In diesem Sinn hat jedes Gemeindemitglied die Aufgabe, während eines Berufungsverfahrens sich und Gott zu fragen, wo diese Leitungsberufungen vorhanden sind.
  2. Die Gnadengabe des Leitens: Sie bezeichnet in 1. Kor 12,28 die von Gott gegebene Fähigkeit, eine Gemeinde wie ein „Steuermann“ zu leiten. Paulus ermahnt im Zusammenhang mit dem Leitungs-Charisma, diesen Dienst auch mit der nötigen Hingabe zu tun (s.a. Röm 6,8).
  3. Leiten als Dienen: In Matthäus 20,26 kritisierte Jesus (weltliche) Machtmenschen und rief zu einem dienenden Leitungsstil auf.
  4. Gemeinsame Entscheidungen: Geradezu klassisch ist das Beispiel aus Apostelgeschichte 15,22, in dem Apostel und Älteste einvernehmlich und zusammen mit der ganzen Gemeinde in einer Konfliktsituation eine gemeinsame Entscheidung treffen.

In der letzten Gemeindemitgliederversammlung (GMV) haben wir, basierend auf unseren bisherigen Leitlinien, neun Werte formuliert und vorgestellt, vorerst als „Arbeitsversion“. Jeder ist herzlich dazu eingeladen, sie durchzulesen und seine Gedanken dazu uns als Gemeindeleitung mitzuteilen (die Arbeitsversion „Werte“ ist unter info@muehlacker.feg.de anzufordern). Den Werten haben wir eine Präambel vorangestellt, darin heißt es: „Wir haben eine Gemeindestruktur, in der die Leitungsgremien und Entscheidungswege klar definiert sind.“ Wir als FeG Mühlacker haben zwei Entscheidungsebenen: Die Gemeindeleitung und die GMV. Im Weiteren heißt es: „Die Leitenden üben ihre Leitungsverantwortung in einer dienenden Haltung aus und sind offen für Anregungen, kritische Rückfragen und Ergänzungen. Ziel ist, in Einheit transparent und gemeinsam Entscheidungen zu treffen und die sich daraus ergebenden Schritte zu machen.“

Wir verstehen die biblische Aufgabe von Leitung darin, vorzuarbeiten, zu sondieren und die Ergebnisse in der GMV transparent vorzustellen bzw. zur Diskussion und zur Entscheidung vorzulegen. Wir bejahen als Leitung ausdrücklich kritische Rückfragen und Anregungen. Ziel dabei ist es, Entscheidungen möglichst gemeinsam zu treffen. Manchmal machen wir als Leitung Vorschläge mit Alternativen, manchmal aber auch begründet nur einen Vorschlag. Hierin unterscheiden wir uns deutlich von einer reinen Basisdemokratie, in der das geistliche Leitungsamt fast überflüssig wäre. Wir sind überzeugt, dass unsere Leitungspraxis sehr gut zu den biblischen Aussagen passt.

Stellen, in denen „Gehorsam“ gegenüber den Leitenden gefordert wird, wie zum Beispiel in Hebräer 13,17: „Gehorcht denen, die die Gemeinde leiten.“, verstehen wir so, dass Gemeindemitglieder aufgefordert werden, das ernst zu nehmen, was eine (Gemeinde)-Leitung sagt, also vertrauensvoll hinzuhören und darüber nachzudenken. Keiner muss etwas tun, das er nicht für richtig hält oder mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann.

Es gäbe noch viel mehr zu den Aufgaben und Voraussetzungen von Gemeindeleitung zu sagen. So gehört es zum Ziel von Leitung, dass diejenigen, denen man dient, in ihrer Persönlichkeit reifen und wachsen. Also dass sie gesünder, weiser, freier und selbstständiger und last but not least selbst zu Dienenden werden.

Leitung ist zudem nach dem Neuen Testament tendenziell eine Teamleitung. Leiten hat sehr viel mit der Vorbildfunktion der Leitenden zu tun und deshalb ist der Charakter einer Person bei der Berufung ein wichtiges Auswahlkriterium. In 1. Timotheus 3 schreibt Paulus an seinen in Ephesus zurückgelassenen Mitarbeiter Timotheus eine Liste von insgesamt 17 Kriterien als Voraussetzung für den Leitungsdienst in einer Gemeinde. Das Kapitel leitet er mit der ermutigenden Feststellung ein: „Das ist wahr: Wer eine Gemeinde leiten will, der strebt damit eine schöne und große Aufgabe an.“

Insgesamt glaube ich, sind wir als Gemeinde und Gemeindeleitung auf einem guten Weg, ein biblisches Leitungsverständnis in unseren Entscheidungen umzusetzen.

Deshalb blicke ich zuversichtlich auch auf die kommenden gemeinsamen Schritte und Prozesse, um die richtigen Personen für die nächste Gemeindeleitungsperiode zu erkennen.

Herzliche Grüße

Dietrich Ebeling

 

 

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